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Digitalisierung der Schulen und der diesbezüglichen Förderung der Schulsozialarbeit

Nicht erst seit der Corona-Pandemie wird über die Digitalisierung der Schulen gestritten und die Forderung geäußert, das Lernen und die Kommunikation digital zu optimieren und datenschutzrechtlich sicher zu organisieren. Die Forderung nach einer digitalen Ausstattung besteht seit Jahren und Jahrzehnten. Mittlerweile ist ein Flickenteppich an regionalen und kommunalen Lösungen entstanden. Angestoßen durch die Corona-Pandemie seit letztem Jahr bekommt das Thema nun einen großen Schub. Nach einer langen politischen Auseinandersetzung wurden direkt vor den Sommerferien 2020 vom Land Nordrhein-Westfalen zwei Förderrichtlinien für die Ausstattung von Schüler*innen und Lehrer*innen mit dienstlichen Endgeräten erlassen.

So positiv es ist, dass die landesbediensteten Lehrerinnen und Lehrer sowie die Schülerinnen und Schüler zu 90 % durch das Land und zu 10 % durch die Schulträger endlich mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden, so ist jetzt einmal mehr sichtbar geworden, dass die Schulsozialarbeit in Nordrhein-Westfalen lediglich eine Kann-Leistung ihrer Träger ist und es bislang kein landesweites, einheitliches Konzept für alle Schulen gibt, welches neben einheitlichen Qualitätsstandards auch die flächendeckende Ausstattung aller Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter mit digitalen Endgeräten regelt.

Landesbedienstete Schulsozialarbeiter*innen bekommen zwar wie Lehrer*innen und andere, landesbedienstete Pädagog*innen in Schulen digitale Endgeräte zur Verfügung gestellt. Schulsozialarbeiter*innen der Kommunen und die freier Träger sind hier allerdings nicht erfasst! Sie müssen für ihre digitale Ausstattung mit jedem einzelnen Arbeitgeber einzeln verhandeln. Eine Einbindung in des Lern-Management-System einer Schule ist durch eine solche digitale Ausstattung zudem nicht gesichert, da Fragen des Datenschutzes ungeklärt sind.

Und was dabei herauskommt, führt zu unterschiedlichsten Vor-Ort-Lösungen, zu einem Flickenteppich und oft nicht zu einer durchgängigen und zuverlässigen Erreichbarkeit mit den Schulen. Somit passt der aktuelle Stand der Digitalisierung der Schulsozialarbeit nicht zu den landespolitischen Zielen einer einheitlichen, digitalen Ausstattung der Schulen und die damit verbundenen Bestrebungen, die landesweite Plattform Logineo voranzutreiben.

Wegen der Vielfalt der Träger im Bereich der Schulsozialarbeit und fehlender notwendiger Regelungen zum Datenschutz/zur Schweigepflicht in Kooperationsvereinbarungen ist eine Gleichbehandlung aller Schulsozialarbeiter*innen nicht möglich – und gerade diese Gleichbehandlung von Schulsozialarbeiter*innen unabhängig von der Trägerschaft ist so wichtig, um nicht nur Lehrer*innen und Schüler*innen, sondern eben auch Schulsozialarbeiter*innen und die Sozialpädagog*innen an den Schulen flächendeckend zu digitalisieren und sie so in die schulische Kommunikation einzubinden. So bedarf es mit Blick auf die Digitalisierung eben mehr denn je einer Neustrukturierung der Schulsozialarbeit, die alle Fachkräfte und alle Trägerkonstellationen umfasst, um hier künftig überhaupt in der Lage sein zu können, digitale (Mindest-) Standards zu schaffen.

Die Corona-Pandemie macht in der Berufspraxis der Schulsozialarbeiter*innen also nun unmissverständlich sichtbar, wie wichtig eine datenschutzrechtlich geregelte Kommunikation mit Schüler*innen, Lehrer*innen, Eltern und außerschulischen Stellen auch auf digitaler Ebene ist. Die persönliche Begegnung im Büro oder während eines Hausbesuchs ist unverzichtbar, aber eben nicht immer möglich – und das nicht erst seit der Corona-Pandemie! Gerade die Schulsozialarbeit beschäftigt sich mit Menschen, denen es aus verschiedensten Gründen nicht möglich ist, in die Schule zu kommen. Eine sichere Kommunikation per Mail, Chat, Videokonferenz usw. ist eine entscheidende Voraussetzung, die Menschen auch außerhalb der Schule erreichen zu können (bspw. bei Themen wie Schulverweigerung oder medizinischen bzw. psychiatrischen Problemlagen).

Die Corona-Pandemie hat allerdings mittlerweile vielfach zu einem Zustand geführt, wo Klassenlehrer*innen im Rahmen von Video-Unterricht auch Kindesschutz-, pädagogische Diagnostik- und Informationsleistungen erbringen, weil sie im Gegensatz zu den Schulsozialarbeiter*innen eben über die technischen Voraussetzungen bereits verfügen. Daher unser Appell: Die Schulsozialarbeit darf technisch nicht abgehängt werden – im Gegenteil! Gerade die Schulsozialarbeit braucht alle technischen und pädagogischen Möglichkeiten, die Kinder, Jugendlichen und Familien anzusprechen, die für die Schulen am schwersten zu erreichen sind.

Neben aller Fokussierung auf den Unterricht in der Schule oder auf das Distanzlernen kann und bringt auch die Schulsozialarbeit ihre eigenen digitalen Beiträge und will Leistungen erbringen können. Die Schulsozialarbeit und Sozialpädagogik (Soziale Arbeit) in der Schule muss immer parallel zur Schulpädagogik gedacht werden und synchron eingebunden sein in die Entwicklung des unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Lernens, in die Ausgestaltung des Erziehungsauftrages, in die Gewährleistung des Kinderschutzes und der schulischen Kommunikation. Die Schulsozialarbeit ist ein wichtiger Teil der seit Jahren geforderten Multiprofessionalität.

Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass gerade in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung Lernen, Erziehung, Entwicklungsprozesse und der Gewährleistung des Kinderschutzes durch persönliche Begegnungen, Bindung und Beziehung wichtiger sind, denn je. Dies funktioniert aus hirnphysiologischer Sicht eigentlich nur, wenn man die Dinge sprichwörtlich begreifen kann. Und gerade hier wird die Schulsozialarbeit auch in Zukunft im schulischen Lernen und Leben eine Rolle spielen.

Das darf aber nicht bedeuten, dass die Schulsozialarbeit von der Digitalisierung und der multiprofessionellen Zusammenarbeit abgeschnitten ist. Letztlich geht es um nicht weniger, als die (digitale) Teilhabe der Schulsozialarbeit am schulischen Leben – und damit um die Teilhabe und Förderung ihrer Zielgruppen.

 

Albrecht Römhild und Dorle Mesch

LAG Schulsozialarbeit NRW e.V.