Sehr geehrter Herr Rehmsen,
ich finde es gut, dass Sie das Thema „Schulessen“ aufgreifen und dabei nicht nur die Qualität sondern auch die Finanzierung erörtern. Eine Schlussfolgerung, die die berichterstattende Journalistin (Sendezeitpunkt ca. 7.30 Uhr) gezogen hat, finde ich allerdings äußerst befremdend. Sie stellte fest, dass für ein gesundes und schmackhaftes, kinder- und jugendgerechtes Schulessen mindestens 4,-€ pro Mahlzeit berechnet werden müssen. Das ist richtig! Dann kommentierte sie, dass viele Eltern offenbar nicht bereit seien, 80,-€ im Monat pro Kind für gutes Essen auszugeben. Sie bekräftigte ihre Einschätzung mit der Feststellung, dass es diesen Trend, für gutes Essen nicht angemessen zahlen zu wollen (sinngemäß zitiert!), ja insgesamt in Deutschland gebe.
Diese Einschätzung in Bezug auf die Versorgung der Kinder und Jugendlichen an unseren Ganztagsschulen steht im Widerspruch zu unseren Beobachtungen im Schulalltag. Wir stellen fest, dass es zunehmend Schülerinnen und Schüler aus gering verdienenden Familien gibt, die hungrig zur Schule kommen. Das Einkommen der Eltern/Erziehungsberechtigten ist so knapp bemessen, dass die Kinder vor dem Schulbesuch sich nicht ausreichend ernähren können. Für diese Familien sind die o.g. Beträge nicht finanzierbar, von mangelnder Wertschätzung gesunder Nahrung kann hier überhaupt keine Rede sein.
Schule hat nicht nur einen bildungspolitischen sondern auch einen sozial- und gesundheitspolitischen Auftrag. Gerade an Ganztagsschulen sollen alle Kinder und Jugendliche die Chance erhalten, ihre Potentiale zu entwickeln und ihre Persönlichkeiten zu entfalten. Hierzu ist eine Basisversorgung sowohl mit allen Lehrmitteln als auch mit einer gesunden Ernährung und einer Gesundheitsbetreuung notwendig. Unsere Politiker wissen, wie diese Aufgaben realisiert werden können. Viele von Ihnen haben die Pisa-Ranking-Führer in Skandinavien besucht, wo alle Lehrmaterialen kostenlos gestellt und alle Schulveranstaltungen finanziert werden, die Ernährung im Schulalltag komplett vom Staat sichergestellt wird und an allen Schulen Schulkrankenschwestern die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen überwachen.
Die Gesundheits- und Sozialpolitik liegt in den Händen des Bundes. Wenn also die Bundesregierung initiativ werden will, soll sie sich am skandinavischen Modell orientieren und die entsprechende Finanzierung sicher stellen. Alles andere ist Polemik auf Kosten der Kinder und Jugendlichen – und das ist beschämend!
Der WDR sollte sich hier in die Diskussion mit einer kritischen Berichterstattung einbringen!
Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung!
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Foltin
LandesArbeitsGemeinschaft Schulsozialarbeit NRW e.V.
Wolfgang Foltin
1. Vorsitzender